Wie ernst ist es Unternehmen mit dem Bekenntnis zur LGBT+ Community? Die Sommermonate sind Pride-Monate. Will heißen: Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* demonstrieren für mehr Sichtbarkeit und gegen Diskriminierung. Missbrauchen Firmen dies fürs Marketing?
Diesen Sommer war es wieder so weit
Kaum hatte die Pride-Season im Juni und Juli begonnen, schon warb eine wachsende Anzahl von Unternehmen mit der Regenbogenflagge. Zwar finden 2020 coronabedingt viele Aktivitäten nur online statt. Die Christopher Street Days, die jetzt in vielen Großstädten in Deutschland stattfinden würden und an denen LGBT+ (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter*) gegen Diskriminierung und für mehr Sichtbarkeit demonstrieren, gehören für viele Unternehmen inzwischen aber fest in den Terminkalender, um Präsenz zu zeigen.
Auf den ersten Blick ist das Thema damit endlich im Mainstream angekommen. Modeketten entwerfen spezielle Pride-Kollektionen, es gibt sogar „Pride-Sandwiches“ und Mundwasser in Regenbogenflaschen. Ein jüngerer Trend ist es, Unternehmenslogos in den Spektralfarben einzufärben als ultimatives Zeichen für LGBT+-Diversity, siehe etwa die Onlineparfümerie Flaconi.
Oberflächlich betrachtet eine gute Sache: Die Unternehmen setzen sich scheinbar für die Community ein, und LGBT+ bekommen so in den Pride-Monaten noch mehr Aufmerksamkeit. Bei genauerem Hinsehen ist das Engagement vieler Unternehmen jedoch zweifelhaft.
Denn leider nutzt ein Teil von ihnen den Regenbogen als reines Marketinginstrument, das pünktlich zur Pride-Season herausgeholt wird, um so die relevante Zielgruppe zu erreichen. Im schlimmsten Fall als reines „Pinkwashing“.
Was ist Pinkwashing?
Pinkwashing ist die Bezeichnung für eine Strategie, durch Identifizierung mit der LGBT+-Bewegung bestimmte Produkte, Personen, Länder oder Organisationen zu bewerben, ohne sich wirklich für die Community einzusetzen. Die Absender wollen modern, fortschrittlich und tolerant wirken. Gleichzeitig werden in den Organisationen oder Ländern LGBT+-Menschen oft weiterhin bewusst oder unbewusst benachteiligt.
Pinkwashing lohnt sich für Unternehmen, denn mit einem progressiven und LGBT+ wertschätzenden Image kann man viel Geld verdienen. Laut dem Marktforschungsinstitut LGBT Capital liegt die Kaufkraft von LGBT+ allein in Deutschland bei schätzungsweise 151 Milliarden Euro.
Manche der Unternehmen nutzen somit die Regenbogenflagge, um ihre Produkte abzusetzen, geben jedoch keinen Cent der Gewinne daraus zurück an die Community, etwa in Form von Spenden durch einen Teil des Erlöses. So färbt Flaconi zwar sein Logo in Regenbogenfarben ein, beteiligt sich jedoch finanziell (noch) nicht an Projekten der LGBT+-Community.
Problematisch ist auch, wenn Unternehmen mit dem Regenbogen werben, aber intern keine LGBT+-freundlichen Strukturen aufweisen, sich zum Beispiel nicht für ihre LGBT+-Mitarbeitenden und gegen deren Diskriminierung einsetzen. Ein Zeichen guter Strukturen wäre es, ein LGBT+-Mitarbeitendennetzwerk zu unterstützen oder LGBT+-Diversitymanagement zu betreiben.
Um sich nachhaltig und glaubwürdig für LGBT+ einzusetzen, sollte man als Unternehmen deshalb lieber auf folgende Punkte achten:
Welche Arbeitgeber zeichnen sich eurer Meinung nach durch ein starkes Engagement für die LGBT+-Community aus?
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