Virtuell fliegt man über die verschiedenen Aussteller-Stände, z.B. unten rechts zum Stand von Axel Springer. Foto: UHLALA Group
Business-Netzwerke werden immer wichtiger
Also chatten – keine visuelle Unterhaltung etwa durch Zoom?
Cameron: „Doch, auch das kann passieren. Du startest quasi per Chat, aber wenn du zum Beispiel bereits im Vorfeld eine Einladung vom Unternehmen über unsere Proudr-App erhalten hast, oder du bereits zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurdest, bekommt man unter Umständen einen Link, der dich zum Video-Gespräch weiterleitet.“
Wie viele Menschen sind denn bereits Mitglied in der Proudr-App?
Cameron: „Knapp 4000 Menschen haben bereits ein Karriere-Profil angelegt und ich gehe davon aus, dass das in den nächsten Tage noch einige mehr werden. Die App ist tatsächlich der entscheidende Vorteil bei unserer Messe – einfach, weil die Unternehmen eben auch einen Zugang zu dieser Plattform haben.“
Was raten Sie Menschen aktuell in der Corona-Situation, die einen Job suchen?
Cameron: „Schwule und Lesben sind zwar super beim Online-Dating, aber noch nicht so gut beim beruflichen Netzwerken. Ich empfehle Menschen – und nicht erst seit Corona – die sozialen Business-Netzwerke zu nutzen. Unser Alltag wird immer digitaler und das ist auch bei den Unternehmen so. Der klassische Lebenslauf hat sicherlich bald ausgedient, gleichwohl es ihn immer noch gibt. Und: Netzwerken ist das A und O. Auch um in Kontakt zu bleiben, wenn es aktuell keine Stelle gibt, aber man in Zukunft bereits bei den Firmen auf dem Schirm sein möchte. Man muss wissen: Bereits jeder dritte Job wird übers Netzwerken vergeben!“
Stichwort Lebenslauf: Was hat sich hier in den letzten Jahren geändert?
Cameron: „Vieles! Obwohl der klassische Lebenslauf mit Anschreiben längst noch nicht tot ist. Aber, ich bin selbst immer wieder überrascht, wie viele Menschen keinen guten Lebenslauf von sich haben. Viele haben Schwierigkeiten, ihre Erfolge darzustellen, sich richtig zu präsentieren. Auch dafür haben wir Unternehmen dabei, die einen Lebenslauf-Check anbieten, schauen, wo man noch optimieren kann. Tatsächlich gibt es mittlerweile so viele verschiedene Arten der Bewerbung, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Da helfen unsere Unternehmen und Coaches gern weiter.“
Und bei den Unternehmen? Worauf achten die nach ihrem Wissen heute verstärkt?
Cameron: „Was vielen nicht bewusst ist, ist die Tatsache, dass immer mehr Unternehmen die sozialen Profile ihrer potenziellen neuen Mitarbeitenden durchforsten. Online-Screenings nennen wir das. Das hat man zwar früher schon gemacht, aber nicht darüber gesprochen. Jetzt ist das aber ganz klar. Es wird geschaut, wie sich Menschen online verhalten: auf Facebook, auf Instagram oder sie googeln einfach deinen Namen.“
Nur 37 Prozent der LGBT sind im Job geoutet
Zu welchen Problemen führt das bei LGBT?
Cameron: „Zum einen zu gar keinen, wenn man sich bei DEN Unternehmen bewirbt, die auch bei uns mitmachen – denn DIE suchen ja queere Nachwuchstalente.
Bei anderen Unternehmen kann das auch mal zum Ausschlussgrund werden, eben weil man schwul oder lesbisch ist. Laut einer Studie werden Menschen, die offen LGBT sind, zu 50 Prozent weniger zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Und: Sogar 75 Prozent werden erst gar nicht eingeladen, wenn aus dem Lebenslauf ganz klar hervorgeht, dass du LGBT bist. Da reicht oft schon ein Praktikum bei einer LGBT-Organisation oder wenn klar erkennbar ist, dass du als Mann mit einem Mann verheiratet bist. Das hat mich selbst stark überrascht, ich meine wir reden hier nicht von Russland, sondern von Deutschland.
Nur 37 Prozent der LGBT-Mitarbeitenden in Deutschland sind an ihrem Arbeitsplatz offen schwul, lesbisch, bi- oder transsexuell, wahrscheinlich sind es sogar noch mehr. Allerdings: 85 Prozent wären im Job aber viel lieber geoutet.“